[QUOTE Person="Steve Sumner, Neuseelands Kapitän bei der WM 1982" Phrase="Wenn dir jemand ein Bad eingelassen hat, siehst du zwar den Dampf – wie heiss es ist, weisst du aber erst, wenn du einen Zeh hineinsteckst."]
15. Juni 1982, Estadio La Rosaleda, Málaga, Spain. Als die Neuseeländer 1982 in Spanien ihr Debüt bei einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ gaben, sollten sie rasch merken, wie heiss das Wasser sein kann.
Zum Auftakt trafen die "Kiwis" in der Gruppe F auf Schottland und lagen – nach einem Tor der Liverpool-Legende Kenny Dalglish sowie einem Doppelpack von John Wark – bereits nach einer halben Stunde mit 0:3 zurück.
In der Kabine richtete Nationaltrainer John Adshead dann aber offenbar die richtigen Worte an seine Schützlinge, die in der Folge deutlich besser ins Spiel fanden. Endlich traten sie wieder auf wie in der Qualifikation, in der sie nicht weniger als 15 Partien absolvieren mussten und auf ihren Reisen durch Ozeanien und Asien über 90.000 Kilometer zurückgelegt hatten.
Neun Minuten nach dem Seitenwechsel schlug die grosse Stunde von Steve Sumner, der sich noch immer bestens daran erinnern kann, wie er zum ersten ozeanischen Torschützen bei einer WM-Endrunde wurde. "Ich sah, wie Wynton Rufer auf dem rechten Flügel Frankie Gray überlief, und stiess im Zentrum in die Spitze vor. Als Wynton in den Rücken der Abwehr flankte, setzte ich den hintersten Verteidiger unter Druck und lauerte auf einen Fehler."
Der ausgeprägte Torriecher, den er in dieser Szene unter Beweis stellte, war ein typisches Merkmal des in England geborenen offensiven Mittelfeldspielers, der für seine Wahlheimat 58 A-Länderspiele und insgesamt 105 Partien bestritt.
Sein Abstauber gegen Schottland war zwar nicht das schönste, dafür aber sicherlich das denkwürdigste seiner 22 Länderspieltore. Vor allem aber, betont der ehemalige Kapitän, sei es ein enorm wichtiger Treffer für das Team gewesen.
"Vor der Abreise nach Spanien stellte John Adshead eine Frage ins Zentrum: Könnten wir bei einer WM-Endrunde ein Tor erzielen? Wir wussten, dass wir hinten kompakt stehen und ordentlich verteidigen konnten. Aber das war John zu wenig. Er wollte unbedingt, dass wir ein Tor schossen, zumal das unserem Nachbarn Australien 1974 nicht gelungen war. Mein Treffer gegen die Schotten gab der ganzen Mannschaft Auftrieb, und nachdem 'Woody' wenig später gar auf 2:3 verkürzte, begannen wir endgültig, an unsere Chance zu glauben."
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Neuseelands Aufholjagd wurde in der Folge durch zwei weitere Tore der Schotten jäh gestoppt, und auch in den beiden restlichen Gruppenspielen gegen die Sowjetunion und Brasilien gab es für den Debütanten nichts zu holen. Doch Sumner und seine Teamkollegen steckten nie auf und zogen sich achtbar aus der Affäre.
"Wir waren keine Profis, aber wir brachten grosse kämpferische und auch gewisse spielerische Fähigkeiten mit und waren wild entschlossen, uns auch von noch so übermächtigen Gegnern nicht einfach überrennen zu lassen."
"Auf dem Weg nach Spanien entwickelten nicht nur wir Spieler uns stetig weiter, sondern auch unsere Anhängerschaft. Die Fans, die wir schon hatten, lernten mit jeder unserer Partien mehr über das Spiel, und viele andere entdeckten den Fussball sogar ganz neu für sich."
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Auch Steve Sumner blieb dem Fussball nach seiner Aktivzeit treu und engagierte sich in verschiedenen Funktionen, unter anderem als Vorstandsmitglied des NZF und des FC Wellington Phoenix. 2010 wurde er mit dem FIFA-Verdienstorden ausgezeichnet. Zurzeit konzentriert er sich allerdings auf den härtesten Kampf seines Lebens: Sumner ist an Prostatakrebs erkrankt, und die Ärzte geben ihm eine Überlebenschance von unter 50 %.
Um das Glück auf seine Seite zu zwingen, hält er sich strikt an den Behandlungsplan, hat seine Ernährung umgestellt und achtet auf regelmässige körperliche Betätigung. Zudem nutzt er seine Bekanntheit, um für Vorsorgeuntersuchungen zu werben. "Nachdem ich mir über meine Motivation zum Weiterleben klar geworden war – mein Enkel, meine Kinder und meine Frau –, erwachten die Instinkte aus meiner Fussballerzeit. Wenn mich die Krankheit am Ende besiegt, dann soll es so sein. Aber das Spiel ist erst vorbei, wenn der Schlusspfiff ertönt, und bis dahin werde ich, genau wie früher auf dem Platz, unbeirrt weiterkämpfen."